Ist Bio wirklich besser?
Ist Bio wirklich besser?
7. März 2021 von Esther Neumann
Dass biologische Landwirtschaft die Umwelt schont ist unumstritten. Aber sind biologisch gezogene Lebensmittel auch besser, gesünder, wertvoller? Wodurch unterscheiden sich biologische von konventionell produzierten Lebensmitteln? Ist Bio nur ein Verkaufsschmäh oder die Ernährungsart der Zukunft?
Biologische Lebensmittel sind eng definierte und hochgeregelte Lebensmittel. Im Mittelpunkt der ökologischen Landwirtschaft stehen der Umweltschutz und die Entwicklung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden, die die Umwelt schädigen oder Rückstände in den Erzeugnissen hinterlassen, ist rigoros eingeschränkt.
Die Entwicklung des Bio-Landbaues
Im deutschsprachigen Raum sind die ersten Entwicklungen im ökologischen Landbau in den 1920er Jahren als Begleiterscheinung der Lebensreformbewegungen entstanden. Fast zur gleichen Zeit legte der Anthroposoph Rudolf Steiner die Grundlagen des Demeter-Gedankens in der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise. In den 50iger Jahren entwickelte sich um Hans Müller in der Schweiz der organisch-biologische Landbau. Die Idee ging ursprünglich von einer christlichen Lebensweise aus. In den 80iger Jahren kamen wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ökologie, die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz dazu.
Die Arbeit des Bauern zählt zu den lebensnotwendigsten und damit zu den verantwortungsvollsten Tätigkeiten der Menschen. Heute ist es eine unumstrittene Tatsache, dass die Vorteile des biologischen Landbaus in einem besonders schonenden Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen besteht. Seit Bio-Produkte vermarktet werden, geht es um die große Streitfrage: Sind sie auch besser als konventionell erzeugte Produkte und was ist eigentlich besser?
Qualitätsmerkmale
Es gibt verschiedene Parameter die wir verwenden können, um die Qualität eines biologischen Produktes zu bewerten. Hier eine Liste der Faktoren die wir berücksichtigen:
Ökologische Qualität: Was sind die Auswirkungen auf die Umwelt? Ist die Produktion langfristig nachhaltig?
Ethische Qualität: Werden Tiere artgerecht gehalten? Erhalten die Bauern faire Preise? Die Fairtrade Bewegung ist speziell auf diesen Punkt bedacht.
Politischer Wert: Werden Nahrungsmittelüberschüsse zerstört, nur um den Preis zu halten? Können Kleinbauern ihre Produkte direkt vermarkten? Sind die Bauern unabhängig von Großkonzernen?
Geschmack: Wie scheckt das Produkt? Was ist die Artenvielfalt mit ihrer Bandbreite von Geschmäcken und Gerüchen?
Ernährungsphysiologische Qualität: Was ist der Nährwert? Wie trägt das Produkt zu meiner Gesundheit bei? Gibt es Rückstände von Pestiziden oder anderen Chemikalien? Was ist der Vitamingehalt und andere Inhaltsstoffe?
Ökonomische Qualität: Was ist der Gebrauchs- und Eignungswert? Was die Weiterverarbeitung? Wie ist der Preis?
Am einfachsten kann man wohl die drei ersten Punkte beantworten. Da liegen biologische Lebensmittel voll im Trend. Um die anderen drei Fragen beantworten zu können, muss zuerst einmal der Unterschied in der Anbauweise betrachtet werden. Im ökologischen Landbau ist vor allem das Düngeangebot nicht so üppig und leicht verfügbar wie im konventionellen Anbau. Die Verwendung von Herbiziden und Pestiziden ist stark eingeschränkt. Das bedeutet, dass die Pflanze vermehrt auf ihre natürlichen Abwehrkräfte zurückgreifen muss.
Pflanzeninhaltsstoffe
Steht der Pflanze leicht verfügbarer Stickstoff, und darum geht es bei der Düngung in der Hauptsache, zur Verfügung, produziert sie mehr stickstoffhältige Verbindungen. Das sind vor allem Proteine, also Eiweiß. Ist das Stickstoffangebot geringer, werden mehr kohlenstoffhältige Inhaltsstoffe produziert. Dazu zählt die Stärke, die Cellulose, also Energie und Ballaststoffe für uns Menschen. Das geringere Stickstoffangebot bewirkt aber auch einen höheren Gehalt an Ascorbinsäure, Vitamin C. Bioäpfel haben allgemein einen höheren Vitamingehalt.
Biopflanzen wachsen langsamer und enthalten weniger Wasser. Der Trockensubstanzgehalt ist daher größer, die Haltbarkeit von Lagerprodukten besser. Bei einem niedrigeren Wassergehalt sind Geschmacks- und Aromastoffe konzentrierter. Die sensorischen Eigenschaften sind meistens besser.
Weil weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, produziert die Pflanze aber auch mehr sekundäre Inhaltsstoffe. Sie muss sich ja gegen Pilze, Bakterien und Fraßschädlinge schützen. Diese sekundären Stoffe dienen aber auch unserer Gesundheit in mannigfaltiger Weise.
Man versucht heute Wege zu finden, die sekundären Inhaltsstoffe zu einem Nachweis von biologisch erzeugten Produkten zu machen. Aber es ist sehr schwierig, weil hier auch Bodenunterschiede, Reifegrad der Lebensmittel, Klima und Niederschläge und nicht zuletzt auch die verschiedenen Sorten eine große Rolle spielen.
Fallweise kommen bei Bio-Lebensmitteln höhere Mykotoxin-Konzentrationen vor. Mykotoxine sind giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die Gesundheitsschäden hervorrufen können. Aber wir haben gesehen, dass biologisch gezogene Pflanzen mehr Ballaststoffe produzieren. Ballaststoffe in der Ernährung helfen aber wiederum, dass Giftstoffe leichter gebunden und ausgeschieden werden können.
Futterwahlversuche
Versuchstiere, die selber wählen können, welches Futter sie fressen wollen, wählen bevorzugt ökologisch angebautes Futter aus. Dabei wissen die Tierpfleger nicht, welches Futter sie wo hin stellen. Angeboten wird immer gleichzeitig konventionell und ökologisch erzeugtes Futter. Tiere, die mit ökologisch angebautem Futter gefüttert werden, weisen auch eine höhere Fruchtbarkeit auf.
Selbstzersetzungsversuche
Werden Salatköpfe aus beiden Anbaumethoden zerschnitten, in Petrischalen gelegt und zugedeckt bei gleichbleibender Temperatur sich selbst überlassen, zersetzen sich konventionell angebaute Salatköpfe schneller als ökologisch angebaute. Das kann auf die vermehrten sekundären Inhaltsstoffe zurückgeführt werden.
Weiterverarbeitung
Ökologischer Anbau alleine reicht nicht, um eine höhere Qualität der Produkte zu sichern. Ganz wesentlich ist auch die sorgfältige Weiterverarbeitung. Leider ist es so, dass in kleinen Naturkostläden, in denen ein geringer Umtrieb herrscht, die wertvollen Bio-Produkte oft lange liegen bleiben und dann unansehnlich und wertvermindert werden. Heute bieten schon große Handelsketten Bioschienen an. Die haben natürlicherweise einen größeren Umsatz. Die Ware ist frischer.
Auch in der industriellen Weiterverabeitung werden Wege gegangen, die es rechtfertigen, Rohstoffe aus ökologischer Erzeugung zu verarbeiten. Es sind nur einige ausgewählte Zusatzstoffe zugelassen. Von den erlaubten insgesamt etwa 300 E-Nummern nur ca. 10%. Als Aromastoffe sind nur natürliche Aromastoffe und Extrakte erlaubt. Trotzdem kann eigentlich die ganze Palette an Convenience-Produkten auch als Bio-Ausführung erzeugt werden. Convenience Produkte sind Nahrungsmittel, die für den Verbrauch schon weitgehend vorbereitet werden, etwa tiefgefrorene Produkte, Fertiggerichte oder kochfertige Suppen.
Bio in der Gemeinschaftsverpflegung
Der Ausser-Haus-Verzehr und mobile Mahlzeitendienste nehmen immer mehr zu. Lange Zeit waren Bio-Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung unterrepräsentiert. Nun hat der Trend zu Bio-Produkten auch die Gemeinschaftsverpflegung erfasst. Immer mehr Verantwortliche in Großküchen verlangen von ihren Lieferanten ausdrücklich Produkte aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft. Das ist eine große Herausforderung für die Anbieter und Produzenten.
Zertifizierung
Das Prinzip der Bio-Kontrolle ist die lückenlose Nachvollziehung der Entstehungsgeschichte eines Lebensmittels. Es ist eine Pozesskontrolle, nicht eine Endproduktkontrolle. Die Betriebe werden jährlich kontrolliert. Zusätzlich werden unangemeldete Stichproben gemacht. Bei Verstößen gegen die Richtlinien, kommt es zu Sanktionen und einer Meldung an die zuständige Behörde.
Bio hat Zukunft
Biologischer Landbau ist gut:
- für den Boden
- für das Grundwasser
- für die Pflanzen
- für die Landschaft
- für die Tiere
- für die Nahversorgung
- für die Umwelt
- für mich
Darum ist biologischer Landbau gut für uns alle. Es ist nicht vermessen, es stimmt: mit jedem Kauf eines Bio-Produktes erwerben wir auch ein kleines Stück gesündere Umwelt.
Ein Artikel von RundumGesund.org