Die Genussfalle

20. Juni 2021 von Marcia Lobo Vidoto

Ich weiß, es ist nicht gesund, aber…

Hast du schon einmal eine Extra-Käsepizza, ein eisgekühltes Erfrischungsgetränk oder eine Versuchung in Form eines Desserts genossen, wie z. B. eine Schokoladencremetorte, mit Füllung, Zuckerguss und Schokoladensplittern, obwohl du weißt, dass sie nicht gesund sind? Natürlich, ja! Ich denke, wir alle kennen das. Ich hoffe, ich habe jetzt kein Verlangen geweckt. Komm und lies weiter.

Die Genussfalle - Warum essen wir, was uns schadet?

Auch wenn man weiß, dass einige Lebensmittel schädlich sind, kann man trotzdem nicht widerstehen, so ähnlich wie eine Motte, die vom Licht angezogen wird. Warum ist das so? Tatsächlich, so erklärt Dr. Neal Barnard in seinem Buch „Power Foods for the Brain“, wird im Gehirn ein Krieg geführt, und die Waffe, die dabei eingesetzt wird, heißt Dopamin. Diese Waffe ist stark genug, um den Wunsch, gesund zu sein, zu ersticken und könnte einen am Ende sogar umbringen“.1)  

Gerade als die Beatles den Höhepunkt ihrer Popularität erreichten, explodierte auch die Drogenkultur. Marihuana, Halluzinogene, Kokain und Heroin waren auf der ganzen Welt verbreitet. Die Musiker schienen besonders anfällig für die tödlichen Auswirkungen von Drogen und Alkohol zu sein. Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison und der Gitarrist der Rolling Stones, Brian Jones, waren Teil des schicksalhaften Club 27, so benannt wegen des Alters, in dem sie alle starben. Aber wenn die Drogen so schädlich sind, warum nehmen die Menschen sie dann weiterhin: Der Grund ist das Dopamin – das nicht nur mit den Drogen zusammenhängt.

Dopamin

Im Gehirn befindet sich das Belohnungszentrum, in dem Dopamin in winzigen abgerundeten Taschen innerhalb der Gehirnzellen gespeichert wird, erklärt Dr. Barnard weiter. Dopamin ist ein Neurotransmitter, d.h. eine chemische Substanz, die im Nervensystem verwendet wird. Es gehört zur Gruppe der natürlichen sogenannten Opiate, weil sie Gefühle der Entspannung, des Vergnügens und des Wohlbefindens erzeugen und wecken.

Dopamin wartet buchstäblich darauf, dass man etwas isst – etwas richtig Schmackhaftes. Sobald man isst, wird Dopamin aus jeder dieser Zellen freigesetzt und erzeugt eine „kleine Party“ im Gehirn, die einem ein unglaublich angenehmes Gefühl vermittelt.2)

Das Gehirn ist darauf programmiert, genau in dieser Weise zu funktionieren, um uns an Düfte, Geschmacksnoten, Farben und Geräusche zu erinnern. So wiederholen wir heute, morgen und jeden Tag, uns zu ernähren und uns am Leben zu erhalten. Das Gehirn organisiert unsere Prioritätenliste so, dass man mit dem, was man gerade tut, aufhört und der nächsten Dopaminausschüttung den Vorrang gibt – die Nahrungsaufnahme und das daraus resultierende Überleben werden so immer sicher gestellt. Das Gleiche gilt für Sex. Nicht, dass Sex einen am Leben erhält, aber er wird ebenfalls bevorzugt behandelt, damit die Menschheit nicht ausstirbt.

Nach einem intensiven Dopamin-Intermezzo flutet eine zweite Art von Lust-Neurotransmitter das Gehirn. Es ist das sogenannte Endorphin, das ein ebenfalls sehr angenehmes Gefühl der Entspannung hervorruft. Diese beiden Neurochemikalien wirken oft zusammen, mit einer doppelten Belohnung an Freude.

Dopamin, so erklären Dr. Lisle und Dr. Goldhamer, hat jedoch wenig mit länger anhaltendem Wohlbefinden zu tun, das wir Glück nennen. Dieser Glückszustand wird durch eine andere Neurochemikalie reguliert, vor allem durch Serotonin. Misshandelt man seinen Körper mit ungesunder Ernährung, Schlafmangel, chronischem Bewegungsmangel oder Drogenkonsum, wird auch dieser lang anhaltende Glückszustand stark beeinträchtigt.3)

Das gekidnappte Belohnungszentrum

Dieses perfekt ausbalancierte System kann durch Drogen aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Marihuana, Kokain, Heroin und praktisch alle anderen Drogen lösen eine enorme Ausschüttung von Dopamin aus. Das Gleiche gilt für ein Glas Wein, eine Zigarette oder eine Tasse Kaffee. Das ist der Grund, warum Menschen solche Substanzen konsumieren. Der legale und illegale Drogenmarkt hat die Freisetzung von Dopamin manipuliert. Drogen sind viel stärkere Dopaminauslöser als Essen und Sex; deshalb verlieren Süchtige oft das Interesse an Essen, Sex und so ziemlich allem anderen im Leben zugunsten ihrer Droge.

Die Lebensmittelindustrie hat einen Weg gefunden, in dieses Spiel einzusteigen. Die Dopaminausschüttung, die das Gehirn beim Verzehr eines Apfels oder einer Orange auslöst, ist eigentlich recht bescheiden. Verarbeitete Lebensmittel werden hergestellt, um die Dopaminausschüttung zu erhöhen. Die Folge ist, dass diese Produkte immer weniger wie Lebensmittel und immer mehr wie Drogen wirken.

Die Industrie produziert immer mehr süchtig machende Lebensmittel.

Drei Waffen der Industrie

1. Zucker

Eine Papaya, eine Mango oder eine Birne sind angenehm süß, aber warum damit aufhören? So extrahiert und reinigt die Zuckerindustrie den Saft der Zuckerrübe, wodurch reine oder konzentrierte Saccharose oder raffinierter Zucker entsteht. Im Gehirn regt Zucker die Ausschüttung von Dopamin, Endorphinen und anderen natürlichen Opiaten an.4)

Zucker nimmt somit eine herausragende Stellung in der Lebensmittelindustrie ein und ist in immer mehr Produkten massiv vertreten. Der Einsatz dieser Waffe ist wirklich ein Erfolg – nicht für die Gesundheit, sondern für den Umsatz!

2. Fett

Dr. David Kessler zitiert in seinem Buch „The End of Overeating“ (Das Ende des Überessens) die Arbeit von Dr. Adam Drewnowski, 5), einem international anerkannten Forscher auf dem Gebiet der Prävention und Behandlung von Übergewicht. Dr. Drewnowski fand heraus, dass Menschen nicht sosehr Zucker allein mögen, sondern dessen Kombination mit Fett.

Fett, sagte er, „ist verantwortlich für die Textur, den Geschmack und das Aroma vieler Lebensmittel und bestimmt weitgehend die Schmackhaftigkeit eines Nahrungsmittels.“ Speziell die Kombination von gleichen Mengen an Fett und Zucker machen ein Lebensmittel schmackhaft.6)

Ein Beispiel für diese „fatale Kombination“ ist Schokolade. Die beiden Hauptbestandteile von Schokolade sind Zucker und Fett, in einer fast unwiderstehlichen kalorischen Kombination und zudem extrem wirksam bei der Freisetzung von Dopamin.

3. Salz

„Bei richtiger Mischung steigt die Stimulanz des Essens. Der Verzehr von Produkten mit einer hohen Konzentration an Zucker, Fett und Salz macht Lust auf mehr Produkte mit einer hohen Konzentration an Zucker, Fett und Salz“, so Dr. Kessler.7)

„Die Menschen lieben Salz … Salz vervollständigt den Geschmack von allem … und sie verschlingen es täglich in fast allem, was sie kaufen … Die Menschen sehnen sich danach, salzige Lebensmittel zu essen“.8) Die Falle wird immer wieder aufgestellt und fängt ihre Opfer.

Teufelskreis

Fühlt man sich nicht wohl, versucht man instinktiv, etwas zu tun, um sein Problem zu lösen. In diesem Fall assoziiert man das Problem kaum mit einem Mangel an gutem Schlaf, Bewegung oder einer schlechten Auswahl an Lebensmitteln. Selten erkennt man z. B. koffeinhaltige Getränke, Schokolade, fetthaltige Lebensmittel, Fernsehen bis spät in die Nacht oder eine sitzende Lebensweise als Faktoren an, die man hinterfragen sollte.

Im Gegenteil, man vermutet meist einen Genussmangel als Ursache und schließt daraus, dass die Lösung darin besteht, etwas besonders „Leckeres“ zu essen. Während des Genusszyklus schüttet das Gehirn Dopamin aus, und man fühlt sich gut. Die Handlung wird wiederholt, mehr Dopamin wird ausgeschüttet und man empfindet weiterhin ein erhöhtes Vergnügen. Indem das Vergnügen verstärkt wird, garantiert der Mechanismus die Wiederholung der Handlung. „Das ist der Grund, warum die Genussfalle so gerissen und wirksam ist.“9)

Das Naschen von kalorienreichen Lebensmitteln kann hohe Dosen von Dopamin freisetzen.

„Eine schlechte Angewohnheit aufzugeben ist bereits eine schwierige Aufgabe, aber sich aus dem Teufelskreis des Genusses zu befreien, kann die größte Herausforderung deines Lebens sein“, warnen Dr. Lisle und Goldhamer. „Wenn man nur einen Faktor ändert, wie z. B. das Weglassen von koffeinhaltigen Getränken, führt das dazu, dass man sich noch schlechter fühlt – das sogenannte Entzugssyndrom.

Häufige Symptome sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und Angstzustände, die auch für den Drogenentzug im Allgemeinen charakteristisch sind. Das liegt daran, dass der Körper versucht, die kontinuierliche Aufnahme dieser ungesunden Substanzen aufrechtzuerhalten“.10) „Hinzu kommt, dass gesunde Essgewohnheiten anfangs oft als „ungenießbar und fade“ empfunden werden. Es ist kein Geheimnis mehr, warum Neujahrsvorsätze, die sich auf Essgewohnheiten beziehen, nicht länger als ein paar Tage halten.“11)

Zurück zum Thema: Warum isst man bestimmte Lebensmittel, obwohl man weiß, dass sie nicht gesund sind? Weil sie ein Dopaminbad im Gehirn auslösen. Dopamin intensiviert den Geschmack und die Attraktivität von Lebensmitteln, und man fährt fort jedes dieser Lebensmittel zu konsumieren, um dieses wohlverdiente und erwartete Gefühl des Wohlbefindens zu erlangen.12)

Das natürliche Zusammenspiel zwischen Serotonin und Dopamin zum Beispiel oder zwischen den Zuständen Glück und Freude ist uns manchmal verloren gegangen. Der natürliche Ablauf wird durch schlechte Ess- und Lebensgewohnheiten beeinträchtigt. Verwendet man Lebensmittel, die nicht naturbelassen und gesund sind, bedient man sich einer Abkürzung, um zusätzliches Dopamin zu produzieren. Das Ergebnis ist immer dasselbe: die eigene Gesundheit, Zufriedenheit und das eigene Glück sind beeinträchtigt.13)

Und jetzt?

Diese Situation kann rückgängig gemacht werden, zeigt Dr. Barnard. Man kann sein Dopamin auf eine gesunde Art und Weise bekommen. Vergiss nicht die körperliche Bewegung, die ebenfalls die Ausschüttung von Endorphinen und Dopamin auslöst. Hat man ein aktives Sexualleben, ist dies ein weiterer natürlicher Weg. Aber was die Ernährung betrifft: Wie wird man die mächtige Falle der gesundheitsschädlichen Lebensmittel los?

Der erste Schritt besteht darin, strenge persönliche Regeln aufzustellen und einfach mit dem Konsum ungesunder Lebensmittel aufzuhören. Dr. Barnard erklärt, dass es einfacher ist, den Konsum auf einmal einzustellen, als sich mit einem gelegentlichen Konsum selbst zu quälen.

Diejenigen, die darauf bestehen, dass sie nur ab und zu etwas essen, oder meinen „nur ein bisschen tut nicht weh“, werden kaum Erfolg haben. Das Problem sei, dass jedes bisschen von diesen Lebensmitteln eine Dopaminexplosion auslöst, die den Wunsch verstärkt, weiterhin zu diesen Lebensmitteln zu greifen. Die Sucht wird immer lauter sprechen.

Jeder Biss wird es nun schwerer machen, beim nächsten Mal Nein zu sagen. Der Teufelskreis muss durchbrochen werden. Die ersten paar Tage sind die schwierigsten, aber mit der Zeit wird man die zusätzliche Menge an Dopamin, die diese Lebensmittel freisetzen, vergessen und man wird Freude am Essen natürlicher Lebensmittel finden. Damit wird Dopamin in der richtigen Dosierung ausreichen.14)

Die Notwendigkeit, jegliche Essenssucht zu beseitigen, wird auch von Dr. Fuhrman hervorgehoben. Die Einführung von gesunden Lebensmitteln und die Umprogrammierung der Geschmäcker ist ein effektiver Weg, um sich dauerhaft von der Genussfalle zu befreien.15)

Eine kraftvolle Motivation

Ein weiterer Schritt im Prozess der Umprogrammierung des Körpers ist die Suche nach anderen Motivatoren. Das war zum Beispiel für Paul McCartney ausschlaggebend. Bei einem Sonntagsmittagessen, bei dem es als Hauptgericht gebratenes Lamm gab, saß er am Fenster. Als er die grasenden Schafe auf den Hügeln und das Fleisch auf dem Teller beobachtete, kam er zu dem Schluss, dass er an diesem Akt der Grausamkeit nicht länger teilhaben wollte. Also beschloss er, nie wieder Fleisch zu essen.

Die Grausamkeit des Tötens unschuldiger Tiere kann ein Motiv sein, kein Fleisch mehr zu essen.

Für viele ist ein wichtiger Beweggrund ein größeres Bewusstsein für die Umweltschäden, die durch den Konsum von tierischen Lebensmitteln und verarbeiteten Produkten entstehen. Für andere warnen neue medizinische Forschungen vor den Gesundheitsrisiken dieser Lebensmittel.

Ein weiteres starkes motivierendes Element ist der Wunsch, zu einer Ernährung zurückzukehren, die dem ursprünglichen Plan des Schöpfers entspricht, wie er im biblischen Buch Genesis beschrieben ist. Vielleicht willst du dem Körper helfen, mit einer Krankheit fertig zu werden, oder einfach nur zu einem optimalen Fitnesslevel zurückkehren. Jede Motivation ist in dieser Phase der Bildung neuer Essgewohnheiten willkommen.

Unabhängig von der eigenen Familiengeschichte oder dem aktuellen Zustand kann man die körperliche Abhängigkeit in Bezug auf die süchtig machenden Eigenschaften von tierischen und industriellen Lebensmitteln überwinden. Durch Willenskraft, körperliche Ausdauer und den Einsatz von externen Motivationselementen ist eine Veränderung absolut möglich. Du wirst einen neuen Geschmack für die natürlichen Aromen von Lebensmitteln entwickeln, die alten Geschmäcker vergessen und nicht mehr den Drang nach den schädlichen Geschmäckern der Vergangenheit verspüren, garantiert Dr. Esselstyn.16)


Dieser Artikel wurde übersetzt und veröffentlicht mit Genehmigung des Autors des Buches: „Saúde Nua e Crua“ (Gesundheit – Nackt und roh). Das Buch ist auf Portugiesisch erhältlich.

Marcia Lobo Vidoto

Marcia Lobo Vidoto studierte Ernährung an der Universität von São Paulo, erwarb zwei Master-Abschlüsse in Massachusets und einen Aufbaustudiengang in vegetarischer Ernährung an der Cornell University in New York. Sie ist Autorin von zwei Büchern und fördert einen gesunden Lebensstil durch Vorträge in ganz Brasilien.

Referenzen

↑1BARNARD, Nal B. (2013). Power Foods for the Brain: An Effective 3-Step Plan to Protect Your Mind and Strengthen Your Memory. New York: Grand Central Life & Style., 2013, p. 177.
↑2Idem, p. 179-180
↑3Lisle; Goldhamer, 2003, Pleasure Trap: Mastering the Hidden Force that Undermines Health & Happiness. Summertown, TN: Healthy Living Publications, p. 157-158.
↑4Ibid
↑5Dr. Adam Drewnowski ist Professor für Epidemiologie an der Universität von Washington und verbrachte dreißig Jahre seines Lebens mit der Erforschung des menschlichen Geschmacks, der Vorlieben und der Auswahl von Lebensmitteln.
↑6KESSLER, David A. (2009). The End of Overeating: Taking Control of the Insatiable American Appetite. New York: Rodale, p. 13.
↑7Idem, p. 14.
↑8MOSS, Michael. (2013). Salt, Sugar, fat: How the Food Giants Hooked Us. New York: Random House, p. 270, 275.
↑9Lisle; Goldhamer, 2003, op. cit., p. 160.
↑10Fuhrman, Joel (2011) Eat to live:.. The Amazing Nutrient-Rich Program for Fast and Sustained Weight Loss, New York: Little Brown, p . 204.
↑11Lisle; Goldhamer, 2003, op. Cite, p. 160.
↑12Barnard, 2013, op. cit., p. 180-186.
↑13Lisle; Goldhamer, 2003, op. cite, p. 159.
↑14Barnard, 2013, op. cite, p. 186-190.
↑15Fuhrman, 2011b, op. cite, p. 206.
↑16Esselstyn, Caldwell B. (2008). Prevent and Reverse Heart Disease: The Revolutionary, Scientifically Proven, Nutrition-Based Cure. New York: Penguim Group, p. 14.

Ein Artikel von RundumGesund.org

Schutz durch pflanzliche Lebensmittel

Schutz durch pflanzliche Lebensmittel

2. Mai 2021 von Esther Neumann

Genießen und gleichzeitig etwas für die Gesundheit tun. Ist das nicht herrlich? So beginnt die gute Nachricht einer Broschüre, herausgegeben von der österreichischen Krebshilfe, in der die Vorteile von Obst und Gemüse auf die Gesundheit gepriesen werden. Wissenschaftler kommen den Geheimnissen der Pflanzen immer mehr auf die Spur.

Schutz durch pflanzliche Lebensmittel

Die Statistik zeigt es auf: Etwa 40% der Krebserkrankungen gehen aufs Konto falscher Ernährung. Menschen, die täglich viel Obst und Gemüse verzehren, sind besser vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vor Krebs geschützt. Das Geheimnis liegt in den Ballast- und sekundären Pflanzenstoffen.

Ballast der keiner war

Lange Jahre galten die Ballaststoffe als überflüssig. Daher entfernte man sie aus den Lebensmitteln. Man schälte den Reis, entfernte beim Getreide den Keim und die Randschichten. Erst in den 60iger Jahren kam der englische Arzt Dr. Burkit auf die Idee, dass Ballaststoffe möglicherweise etwas mit unseren sogenannten Zivilisationskrankheiten zu tun haben könnten. Er erkannte, dass die eingeborenen Afrikaner, die er behandelte, seltener Dickdarmkrebs, Darmerkrankungen, Verstopfung und Diabetes hatten als die Einwohner seiner englischen Heimat. Ballaststoffe zählen daher nicht mehr länger zum Ballast, sondern zu den lebensnotwendigen Stoffen. Sie binden krebsauslösende Substanzen und Schadstoffe und scheiden sie zügig aus. Der Stuhl wird weicher und die Darmentleerung geht schneller.

Vollkornbrot ist eine gute Ballaststoffquelle. Photo by Kaboompics.com from Pexels

Sekundäre Pflanzenstoffe

Was sind sekundäre Pflanzenstoffe? Die Ernährungswissenschaftler kennen sie schon länger, aber sie galten früher als Anti-Nährstoffe. Eigentlich produzieren sie die Pflanzen zu ihrem eigenen Schutz. Farb- und Aromastoffe, Schutzstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten, Lichtschutzfaktoren gehören genauso dazu wie pflanzliche Giftstoffe, Säuren und Hormone.

Für uns Menschen können diese Pflanzenstoffe sehr hilfreich sein. Sie schützen uns vor Bakterien und Viren. Sie senken den Cholesterin-, Östrogen- und Blutzuckerspiegel, bringen den Darm in Schwung und wirken als Antioxidantien.

Gesundheit durch Knoblauch und Zwiebeln

Knoblauch hat reichlich Sulfide. Photo by Nick Collins from Pexels.

Der typische Geruch aller Zwiebelgewächse kommt von Schwefelverbindungen her. Sie werden Sulfide genannt. Sie geben der Verdauung Schwung, regen den Speichelfluss und die Darmbewegung an, schützen vor freien Radikalen und beeinflussen die Blutgerinnung. Sie stärken das Immunsystem und hemmen die Ablagerung von Cholesterin in den Arterien. Kein Wunder dass uns Zwiebel und Knoblauch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen können, auch wenn sie uns oft die Tränen in die Augen treiben.

Schützende Farbstoffe

Flavonoide bringen gelbe Farben, Anthocyane blaue, rote und violette. Obst und Gemüse leuchten in den buntesten Farben und diese Farbstoffe schützen uns gleich doppelt. Einmal verhindern sie die Verklumpung der Blutplättchen (Thrombose) und sie schützen uns vor freien Radikalen, die sowohl bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen als auch in der Krebsentstehung eine Rolle spielen.

Scharfstoffe in Rettich und Kohl

Rettich hat viele Glucosinolate. Photo by Daria Shevtsova from Pexels.

Glukosinolate heißen die scharfen Aromastoffe in den verschiedenen Kohlarten, in Senf, Kresse und Rettich. Sie hemmen das Wachstum von Bakterien, tragen zur Abwehr von Infektionskrankheiten bei und schützen uns vor Krebs. Erst wenn das Gemüse zerkleinert wird, entstehen die stark aromatischen Verbindungen. Die Senföle in Kresse und Meerrettich wirken als Breitbandantibiotika. Wahrscheinlich greifen sie in den Stoffwechsel der Mikroorganismen ein und machen sie so unschädlich.

Pflanzliche Hormone

Phytosterine kommen in Nüssen, fettreichen Samen, Sesam und Sojabohnen vor. Sie ähneln in ihrer Struktur dem tierischen Cholesterin, haben aber genau die entgegengesetzte Wirkung. Sie senken den Cholesterinspiegel. Auch beugen sie Dickdarmkrebs vor. Pflanzliche Östrogene aus der Sojabohne und aus Getreide schützen vor hormonell bedingten Krebsarten. Daher leiden Japanerinnen, die bekanntlich viel Sojaprodukte essen, weniger an Brust- und Gebärmutterkrebs.

Carotinoide

Gelbe und rote Paprika, Karotten, Marillen, Tomaten, aber auch grünes Gemüse, bei denen die bunten Farben durch Chlorophyll überdeckt sind, schützen uns vor gefährlichen UV-Strahlen und damit vor Hautkrebs. Carotinoide, wir kennen etwa 600 verschiedene Arten, stimulieren das Immunsystem. Betacarotin erhöht die Anzahl der Natürlichen Killerzellen, die sich an bösartige oder infizierte Zellen heranmachen und sie dann abtöten. Carotinoide veranlassen auch, dass sich mehr Antikörper bilden, die dann gezielt auf Fremdstoffe losgehen und sie verhindern, dass sich bösartige Zellen nicht so schnell ausbreiten können.

Roter Paprika, Karroten und Tomaten sind reich in Carotinoide. Photo by Polina Tankilevitch from Pexels.

Über 10.000 Verbindungen

Die Erforschung der sekundären Pflanzenstoffe steht erst am Anfang. Man nimmt an, dass es zwischen 10.000 und 20.000 verschiedene Stoffe gibt. Erst von wenigen kennt man die genaue schützende Wirkung für den Menschen. Die Pflanzen bilden die meisten dieser Stoffe während ihrer Reifung. Frisch geerntetes und ausgereiftes Obst und Gemüse enthalten daher die größten Konzentrationen. Wildpflanzen und Biogemüse, Pflanzen, die nicht überbehütet und überdüngt aufwachsen mussten, produzieren in der Regel mehr sekundäre Pflanzenstoffe, da sie sich besser schützen müssen.

Pillen statt Obst und Gemüse

Die gesundheitsfördernde Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe klingt sehr vielversprechend. Die Pharmaunternehmer stehen schon Schlange bei den Forschern. Sie möchten gerne ein Cocktail aus einigen Wirkstoffen zusammenmischen und in Pillenform oder als Nahrungsergänzungsmittel anpreisen. Ist das aber sinnvoll? Die vielfältige Wirkung macht den Schutz aus. Die gezielte Auswahl einiger Substanzen wäre ein schwaches Angebot. Die beste Gewähr alle wirksamen Stoffe auch in der richtigen Menge aufzunehmen, ist immer noch das entsprechende Lebensmittel zu essen, wie es uns die Natur anbietet. Am besten roh, frisch und knackig. Roh kann man fast alles essen. Salate und Obst bringen Abwechslung in den Speiseplan. Muss doch gekocht werden, macht man das schonend, kurz und mit wenig oder gar keinem Fett. Abgeschmeckt wird mit wenig Salz aber dafür mit viel Kräutern. Gegessen wird so rasch wie möglich, beim Warmhalten leiden die wertvollen Inhaltsstoffe.

Nun bleibt nur noch einen guten Appetit zu wünschen und eine gute Gesundheit mit den wertvollen Stoffen aus Obst und Gemüse!


Ein Artikel von RundumGesund.org

Vorteile von einheimischen Lebensmitteln

Vorteile von einheimischen Lebensmitteln

14. März 2021 von Esther Neumann

Kiwis aus Neuseeland, Tomaten aus der Türkei, Bananen aus Südamerika, Trauben aus Südafrika …. Das Einkaufen im Supermarkt gleicht einem Eintauchen in die weite Welt. Auch ist am Angebot von Obst und Gemüse kaum mehr zu erkennen, welche Jahreszeit vor den Toren des Einkaufszentrums herrscht. Eine gewaltige Logistik steckt hinter dem reichhaltigen Warenangebot.

Vorteile von einheimischen Lebensmitteln

Weite Transporte

Die Versorgung mit Lebensmitteln erfordert zum Teil sehr weite Transporte und damit verbunden den Verbrauch von sehr viel Energie, nicht nur für Kraftstoffe und Strom zur Fortbewegung, sondern auch zur Kühlung der Güter. Dazu kommt die Energie und der Rohstoff zur Herstellung des Verpackungsmaterials und die vielen Plastikfolien zum Kultivieren des Gemüses. Die Transporte von Lebensmitteln über große Entfernungen haben durch die Öffnung des EU-Binnenmarktes noch zugenommen.

Zur Verminderung dieser Transporte sollten Lebensmittel aus regionalen Anbaugebieten bevorzugt werden. Das bringt auch dem Konsumenten viele Vorteile. Obst und Gemüse kann ausgereift geerntet werden, da nur kurze Transportwege vorliegen. Ausgereifte Erzeugnisse schmecken nicht nur besser, auch die wertgebenden Inhaltsstoffe sind höher.

Den sekundären Pflanzenstoffen auf der Spur

In den letzten Jahren verfolgten die Wissenschaftler sehr intensiv die Spuren der sogenannten sekundären Pflanzenstoffe in unseren ursprünglichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Kräuter und Tees. Dabei handelt es sich um Stoffe, die die Pflanzen zu ihrem eigenen Schutz vor Schädlingen und als Fraßschutz produzieren. Aber auch Farb- und Aromastoffe, Pflanzengifte und Hormone gehören dazu. In der Ernährungswissenschaft wurden diese Stoffe überwiegend als ungesund und Anti-Nährstoffe bezeichnet. Heute hat sich das Blatt gewendet. Insbesondere die Krebsforschung weist darauf hin, dass sich in Obst und Gemüse noch mehr versteckt als Mineralstoffe und Vitamine. In ausgereiften Produkten die gerade Saison haben und die auf einem ökologisch bearbeiteten Boden wachsen konnten, finden sich mehr dieser wertvollen Inhaltsstoffe.

Heimische Beeren - Photo by Susanne Jutzeler from Pexels

Exoten aus Übersee

Obst aus Übersee wird meist unreif geerntet. Dazu werden oft chemische Mittel eingesetzt, um den natürlichen Reifeprozess zu unterdrücken, um die Produkte zur Genussreife auf den Markt zu bringen. Das gelingt leider nicht immer. Häufig erinnert dann die harte, geschmacklose Ware so gar nicht an die Exoten, die man im vergangenen Urlaub kennen gelernt hat. Sicher ist nichts gegen hin und wieder eine Abwechslung auf dem Speiseplan mit Südfrüchten zu sagen. Aber bevorzugt sollten einheimische Produkte auf den Tisch kommen.

Obst und Gemüse entsprechend der Jahreszeit

Gemüsesorten aus dem Gewächshaus und unter Folienanbau weisen wegen mangelnder Sonnenlichteinstrahlung höhere Nitratgehalte auf als im Freiland gezogenes Gemüse. Es müssen auch vermehrt Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Bei saisongerechter Ernährung können solche Rückstände vermindert werden. Im Winter und Frühling sollten daher winterharte Gemüsesorten bevorzugt werden: Feldsalat, Grünkohl, Lauch, lagerfähiges Gemüse wie Kohl, Weißkraut, Blaukraut, Karotten, Rote Rüben, Sellerie, Sauerkraut, Endivie, Radicchio, Äpfel und Birnen. Auch Speisekürbisse halten weit in den Winter hinein. Holen wir auch aus freier Natur das erste Grün wie Löwenzahn, Bärlauch, Giersch, Veilchen und Gänseblümchen.

Direktvermarktung

Die Vermarktung vom Erzeuger direkt zum Verbraucher trägt viel zur Existenzsicherung heimischer kleiner und mittlerer Betriebe bei. Damit verbunden ist die Erhaltung von bäuerlich geprägter Kulturlandschaft und von Kulturgut. Durch das Einkaufen ab Hof oder auf dem Bauernmarkt können wir auch viel zur Müllvermeidung beitragen. Etwa die Hälfte des Hausmüll-Volumens sind Verpackungen, davon wieder etwa 90% Verpackungen von Lebensmitteln.

Frische Produkte am Markt - 
Photo by Eva Elijas from Pexels

Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft

Dieser Grundsatz berücksichtigt nicht nur die geringere Umweltbelastung, sondern bezieht sich auch auf die bessere Gesundheitsverträglichkeit und den guten Geschmack der Produkte. Ökologische Landwirtschaft bietet für viele Probleme vernünftige Alternativen. Schadstoffeintragung in Boden, Luft, Wasser und Lebensmittel werden reduziert, Eigengeschmack und wertgebende Inhaltsstoffe werden erhöht. Dazu kommt noch der Schutz der Artenvielfalt.

Anbau im eigenen Garten

Der Anbau im eigenen Garten macht sich mehr als bezahlt – trotz der billigen Supermarktware. Der kurze Weg vom Beet in die Küche garantiert für Frische und Qualität. Dazu kommen weitere Gesundheitsfaktoren: Bewegung an der frischen Luft bei der Gartenarbeit und die Freude, mit dem Schöpfer zusammenzuarbeiten. Wachstum und Gedeihen kommen von ihm. Der Gärtner sät, hegt, pflegt und freut sich an der Ernte.

Frisches Gemüse aus dem Garten - 
Photo by Ava Motive from Pexels

Umdenken

In diesem Sinne bietet der Frühling einen guten Neubeginn. Lernen wir Umdenken. Der bequeme Griff ins Regal des Supermarktes ist nicht immer der beste Weg. Fangen wir beim eigenen Garten an, legen wir wieder ein paar Gemüsebeete an. Finden wir den vielleicht etwas unbequemeren Weg zum Ab-Hof-Verkauf, zum Direktvermarkter, bevorzugen wir einheimische Produkte. Viele kleine Schritte bereiten den Weg zu einer besseren Gesundheit und einer intakteren Umwelt.


Ein Artikel von RundumGesund.org

Ist Bio wirklich besser?

Ist Bio wirklich besser?

7. März 2021 von Esther Neumann

Dass biologische Landwirtschaft die Umwelt schont ist unumstritten. Aber sind biologisch gezogene Lebensmittel auch besser, gesünder, wertvoller? Wodurch unterscheiden sich biologische von konventionell produzierten Lebensmitteln? Ist „Bio“ nur ein Verkaufsschmäh oder die Ernährungsart der Zukunft?

Ist Bio wirklich besser?

Biologische Lebensmittel sind eng definierte und hochgeregelte Lebensmittel. Im Mittelpunkt der ökologischen Landwirtschaft stehen der Umweltschutz und die Entwicklung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden, die die Umwelt schädigen oder Rückstände in den Erzeugnissen hinterlassen, ist rigoros eingeschränkt.

Die Entwicklung des Bio-Landbaues

Im deutschsprachigen Raum sind die ersten Entwicklungen im ökologischen Landbau in den 1920er Jahren als Begleiterscheinung der Lebensreformbewegungen entstanden. Fast zur gleichen Zeit legte der Anthroposoph Rudolf Steiner die Grundlagen des Demeter-Gedankens in der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise. In den 50iger Jahren entwickelte sich um Hans Müller in der Schweiz der organisch-biologische Landbau. Die Idee ging ursprünglich von einer christlichen Lebensweise aus. In den 80iger Jahren kamen wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ökologie, die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz dazu.

Die Arbeit des Bauern zählt zu den lebensnotwendigsten und damit zu den verantwortungsvollsten Tätigkeiten der Menschen. Heute ist es eine unumstrittene Tatsache, dass die Vorteile des biologischen Landbaus in einem besonders schonenden Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen besteht. Seit Bio-Produkte vermarktet werden, geht es um die große Streitfrage: Sind sie auch besser als konventionell erzeugte Produkte und was ist eigentlich besser?

Qualitätsmerkmale

Es gibt verschiedene Parameter die wir verwenden können, um die Qualität eines biologischen Produktes zu bewerten. Hier eine Liste der Faktoren die wir berücksichtigen:

Ökologische Qualität: Was sind die Auswirkungen auf die Umwelt? Ist die Produktion langfristig nachhaltig?

Ethische Qualität: Werden Tiere artgerecht gehalten? Erhalten die Bauern faire Preise? Die Fairtrade Bewegung ist speziell auf diesen Punkt bedacht.

Biobauern in Drittweltländern verwenden vielfach manuelle Arbeit - Photo by Pat Whelen from Pexels

Politischer Wert: Werden Nahrungsmittelüberschüsse zerstört, nur um den Preis zu halten? Können Kleinbauern ihre Produkte direkt vermarkten? Sind die Bauern unabhängig von Großkonzernen?

Geschmack: Wie scheckt das Produkt? Was ist die Artenvielfalt mit ihrer Bandbreite von Geschmäcken und Gerüchen?

Ernährungsphysiologische Qualität: Was ist der Nährwert? Wie trägt das Produkt zu meiner Gesundheit bei? Gibt es Rückstände von Pestiziden oder anderen Chemikalien? Was ist der Vitamingehalt und andere Inhaltsstoffe?

Ökonomische Qualität: Was ist der Gebrauchs- und Eignungswert? Was die Weiterverarbeitung? Wie ist der Preis?

Am einfachsten kann man wohl die drei ersten Punkte beantworten. Da liegen biologische Lebensmittel voll im Trend. Um die anderen drei Fragen beantworten zu können, muss zuerst einmal der Unterschied in der Anbauweise betrachtet werden. Im ökologischen Landbau ist vor allem das Düngeangebot nicht so üppig und leicht verfügbar wie im konventionellen Anbau. Die Verwendung von Herbiziden und Pestiziden ist stark eingeschränkt. Das bedeutet, dass die Pflanze vermehrt auf ihre natürlichen Abwehrkräfte zurückgreifen muss.

Pflanzeninhaltsstoffe

Steht der Pflanze leicht verfügbarer Stickstoff, und darum geht es bei der Düngung in der Hauptsache, zur Verfügung, produziert sie mehr stickstoffhältige Verbindungen. Das sind vor allem Proteine, also Eiweiß. Ist das Stickstoffangebot geringer, werden mehr kohlenstoffhältige Inhaltsstoffe produziert. Dazu zählt die Stärke, die Cellulose, also Energie und Ballaststoffe für uns Menschen. Das geringere Stickstoffangebot bewirkt aber auch einen höheren Gehalt an Ascorbinsäure, Vitamin C. Bioäpfel haben allgemein einen höheren Vitamingehalt.

Biopflanzen wachsen langsamer und enthalten weniger Wasser. Der Trockensubstanzgehalt ist daher größer, die Haltbarkeit von Lagerprodukten besser. Bei einem niedrigeren Wassergehalt sind Geschmacks- und Aromastoffe konzentrierter. Die sensorischen Eigenschaften sind meistens besser.

Schmackhafte Bio-Weintrauben -  Photo by Zen Chung from Pexels

Weil weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, produziert die Pflanze aber auch mehr sekundäre Inhaltsstoffe. Sie muss sich ja gegen Pilze, Bakterien und Fraßschädlinge schützen. Diese sekundären Stoffe dienen aber auch unserer Gesundheit in mannigfaltiger Weise.

Man versucht heute Wege zu finden, die sekundären Inhaltsstoffe zu einem Nachweis von biologisch erzeugten Produkten zu machen. Aber es ist sehr schwierig, weil hier auch Bodenunterschiede, Reifegrad der Lebensmittel, Klima und Niederschläge und nicht zuletzt auch die verschiedenen Sorten eine große Rolle spielen.

Fallweise kommen bei Bio-Lebensmitteln höhere Mykotoxin-Konzentrationen vor. Mykotoxine sind giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die Gesundheitsschäden hervorrufen können. Aber wir haben gesehen, dass biologisch gezogene Pflanzen mehr Ballaststoffe produzieren. Ballaststoffe in der Ernährung helfen aber wiederum, dass Giftstoffe leichter gebunden und ausgeschieden werden können.

Futterwahlversuche

Versuchstiere, die selber wählen können, welches Futter sie fressen wollen, wählen bevorzugt ökologisch angebautes Futter aus. Dabei wissen die Tierpfleger nicht, welches Futter sie wo hin stellen. Angeboten wird immer gleichzeitig konventionell und ökologisch erzeugtes Futter. Tiere, die mit ökologisch angebautem Futter gefüttert werden, weisen auch eine höhere Fruchtbarkeit auf.

Selbstzersetzungsversuche

Werden Salatköpfe aus beiden Anbaumethoden zerschnitten, in Petrischalen gelegt und zugedeckt bei gleichbleibender Temperatur sich selbst überlassen, zersetzen sich konventionell angebaute Salatköpfe schneller als ökologisch angebaute. Das kann auf die vermehrten sekundären Inhaltsstoffe zurückgeführt werden.

Frischer Biosalat

Weiterverarbeitung

Ökologischer Anbau alleine reicht nicht, um eine höhere Qualität der Produkte zu sichern. Ganz wesentlich ist auch die sorgfältige Weiterverarbeitung. Leider ist es so, dass in kleinen Naturkostläden, in denen ein geringer Umtrieb herrscht, die wertvollen Bio-Produkte oft lange liegen bleiben und dann unansehnlich und wertvermindert werden. Heute bieten schon große Handelsketten Bioschienen an. Die haben natürlicherweise einen größeren Umsatz. Die Ware ist frischer.

Auch in der industriellen Weiterverabeitung werden Wege gegangen, die es rechtfertigen, Rohstoffe aus ökologischer Erzeugung zu verarbeiten. Es sind nur einige ausgewählte Zusatzstoffe zugelassen. Von den erlaubten insgesamt etwa 300 E-Nummern nur ca. 10%. Als Aromastoffe sind nur natürliche Aromastoffe und Extrakte erlaubt. Trotzdem kann eigentlich die ganze Palette an Convenience-Produkten auch als Bio-Ausführung erzeugt werden. Convenience Produkte sind Nahrungsmittel, die für den Verbrauch schon weitgehend vorbereitet werden, etwa tiefgefrorene Produkte, Fertiggerichte oder kochfertige Suppen.

Bio in der Gemeinschaftsverpflegung

Der Ausser-Haus-Verzehr und mobile Mahlzeitendienste nehmen immer mehr zu. Lange Zeit waren Bio-Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung unterrepräsentiert. Nun hat der Trend zu Bio-Produkten auch die Gemeinschaftsverpflegung erfasst. Immer mehr Verantwortliche in Großküchen verlangen von ihren Lieferanten ausdrücklich Produkte aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft. Das ist eine große Herausforderung für die Anbieter und Produzenten.

Zertifizierung

Das Prinzip der Bio-Kontrolle ist die lückenlose Nachvollziehung der Entstehungsgeschichte eines Lebensmittels. Es ist eine Pozesskontrolle, nicht eine Endproduktkontrolle. Die Betriebe werden jährlich kontrolliert. Zusätzlich werden unangemeldete Stichproben gemacht. Bei Verstößen gegen die Richtlinien, kommt es zu Sanktionen und einer Meldung an die zuständige Behörde.

Biologische Produkte

Bio hat Zukunft

Biologischer Landbau ist gut:

  • für den Boden
  • für das Grundwasser
  • für die Pflanzen
  • für die Landschaft
  • für die Tiere
  • für die Nahversorgung
  • für die Umwelt
  • für mich

Darum ist biologischer Landbau gut für uns alle. Es ist nicht vermessen, es stimmt: mit jedem Kauf eines Bio-Produktes erwerben wir auch ein kleines Stück gesündere Umwelt.


Ein Artikel von RundumGesund.org

Eisen – Nicht zu viel und nicht zu wenig

Eisen – Nicht zu viel und nicht zu wenig

21. Februar 2021 von Esther Neumann

Weltweit gesehen leiden zwischen ein und zwei Milliarden Menschen sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern an Eisenmangel. Es ist der am häufigsten beobachtete Mangelzustand. Und doch ist die Aufnahme von zusätzlichem Eisen kritisch zu betrachten, denn auch ein Eisenüberschuss hat seine Probleme. Der gesunde Körper schützt sich lange Zeit vor einer Überladung der Gewebe mit Eisen durch verschiedenste Mechanismen. Aber leider funktioniert dieser Mechanismus bei vielen Menschen nicht. Sie leiden an einer Hämochromatose, der Eisenspeicherkrankheit.

Eisen - Nicht zu viel und nicht zu wenig

Eisen im Organismus

Die wichtigste Aufgabe von Eisen ist die Bindung von Sauerstoff an das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen. So wird der Sauerstoff von den Lungenbläschen mit dem Blut zu den Körperzellen transportiert. Auf dem Rückweg nimmt das Hämoglobin das in den Zellen gebildete Kohlendioxid mit in die Lunge, in der es mit der Atemluft ausgeschieden wird.

Eisen hat aber noch viele andere Aufgaben. Es hilft dem Immunsystem im Kampf gegen Krankheitserreger. Experimente haben gezeigt, dass sowohl ein Eisenmangel als auch ein Überschuss die Fresszellen des Körpers in ihren Aufgaben behindern, bakterielle Erreger unschädlich zu machen.

Eisen ist wichtig für das Immunsystem -  Photo by Andrea Piacquadio from Pexels

Eisen ist aber auch Bestandteil vieler Enzyme, die wiederum verschiedenste Aufgaben im Körper erfüllen. Sie helfen bei der Abwehr von schädlichem Sauerstoff, sie übertragen Elektronen bei der Energiegewinnung, helfen mit bei der Produktion von Gallensäure und Hormonen.

Der Gesamteisenbestand eines 75 kg schweren Mannes beträgt etwa 4 g, einer 55 kg schweren Frau etwa 2,1 g. Dabei ist etwas mehr als zwei Drittel davon an das Hämoglobin gebunden, ungefähr ein Viertel ist an das Ferritin, den Eisenspeicher gebunden und einen kleiner Rest finden wir noch im Myoglobin, dem roten Muskelfarbstoff.

Gespeichert wird das Eisen in der Leber, der Milz, dem Knochenmark und der Darmschleimhaut. Die Eisenmenge im Blutplasma beträgt etwa 3 – 4 mg und unterliegt tageszeitlichen Schwankungen.

Bedarf

Der Eisenbedarf des Organismus ist sehr gering. Der Körper geht sehr sparsam mit seinen Eisenvorrätern um. Eisen kann nur schwer ausgeschieden werden und zwar über den Darm, Urin, Galle und Schweiß. Größere Mengen gehen nur bei Blutungen verloren. Darum braucht die Frau bis zur Menopause mehr Eisen als der Mann. Auch Schwangere und Stillende brauchen mehr Eisen. Eingespart wird allerdings durch das Ausbleiben der Regel während der Schwangerschaft. Kinder im Wachstum haben einen Mehrbedarf. Kinder brauchen etwa 8 mg pro Tag, jugendliche Männer 12 mg, weibliche Jugendliche und Frauen bis zur Menopause 15 mg, danach etwa 10 mg wie auch die Männer.

Eisenhaltige Nahrungsmittel

Zur Eisenversorgung tragen vor allem Fleisch, Getreideprodukte und Blattgemüse bei. Eisen aus dem Fleisch wird vom Körper leichter aufgenommen als das Eisen aus pflanzlicher Ernährung. In der Pflanze liegt das Eisen nämlich meistens in schwerlöslichen Verbindungen vor. Aber die gleichzeitige Anwesenheit von Vitamin C hilft diesem Mangel ab. In Versuchen konnte gezeigt werden, dass Vitamin C die Aufnahme von Eisen aus der Pflanze bis zum siebenfachen erhöhen kann. Darum können auch Vegetarier genügend Eisen aufnehmen. Sie haben meist einen höheren Konsum an Vitamin C als Fleischesser. Eine Mehrzufuhr von Vitamin C wirkt sich besser auf die Eisenaufnahme aus als eine zusätzliche Zufuhr von Eisen, sei es über die Ernährung oder über Eisenpräparate.

Zitrusfrüchte sind ene gute Vitamin C Quelle

Pflanzliche Lebensmittel mit hohem Eisengehalt sind Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Tofu und Sojabohnen, Chia, Leinsamen, Nüsse, Getreide, Hirse, Brennnesseln, Blattgemüse und Rosinen.

Eisenmangel

Zu einem Mangel kommt es, wenn einerseits die Zufuhr über die Ernährung zu gering ist, die Aufnahme gestört ist, ein gesteigerter Bedarf vorliegt oder es über Blutungen zu Einesnverlusten kommt. Weltweit gesehen ist Eisenmangel der am weitesten verbreitete Nährstoffmangel. Er wird verursacht durch einseitige Ernährung bei Armut oder Meiden bestimmter Speisen. Aber auch andere Nahrungsinhaltsstoffe können die Eisenaufnahme behindern. Besonders weitverbreitet ist der Eisenmangel in Gegenden wo viel Schwarztee getrunken wird, denn dieser enthält viel Tannin, ein Gerbstoff, der die Eisenaufnahme behindert. Auch Parasiten im Verdauungstrakt führen zu Mangelerscheinungen, da durch sie viel Blut verlorengeht.

Ein Mangel kann auch durch bestimmte Krankheiten wie etwa Rheuma, Krebs, Hormonstörungen, Infektionen oder durch Medikamente wie Antibiotika oder Schmerzmittel hervorgerufen werden.
Symptome für Eisenmangel sind Müdigkeit, Nachlassen der Leistungsfähigkeit, Wetterfühligkeit, Rillen in den Fingernägeln, Risse in den Mundwinkeln, trockene Haut, Atemnot, Herzklopfen bei Anstrengungen.

Das Kranheitsbild ist die hypochrome, mikrocytäre Anämie. Hervorgerufen durch Eisen- und damit auch Hämoglobinmangel kommt es zu einem Mangel an roten Blutkörperchen. Dadurch wiederum kann weniger Sauerstoff transportiert werden. Es kommt zur Beeinträchtigung des ganzen sauerstoffabhängigen Stoffwechsels.

Bluttest kann Hämoglobinmangel feststellen - Photo by Karolina Grabowska from Pexels

Personen, die unter Eisenmangel leiden, sollten als erstes den Grund herausfinden. Liegt es an der mangelnden Zufuhr oder Aufnahme? Auch müssen chronische Blutverluste ausgeschieden werden. Das geschieht mit Tests auf verstecktes Blut im Stuhl. Von eigenmächtigen Anwendungen eisenhaltiger Arzneimittel oder Präparate ist abzuraten. Sie sollten nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden. Sind nämlich die Eisenspeicher wieder gefüllt, kann eine weitere Eisenaufnahme gefährlich werden. Eine Überladung mit Eisen kann zu vielen negative Auswirkungen führen wie Gelenkschmerzen, Diabetes, Herzprobleme, Hormonstörungen, Impotenz, Leberzirrhose und Leberkrebs. Das Krankheitsbild dazu ist die Eisenspeicherkrankheit oder Hämochromatose.

Eisenüberladung

Die Hämochromatose ist in Europa die häufigste Erbkrankheit. Sie entsteht durch eine erhöhte Eisenaufnahme aus dem Darm ins Blut. Dadurch kommt es zu Ablagerungen in verschiedensten Organen und zu erheblichen Schäden. Der Gesamteisengehalt im Körper wird bis zu 80 g gesteigert. Im Labor kann das durch eine stark überhöhte Transferrinsättigung nachgewiesen werden. Ohne Therapie führt die Erkrankung zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität und Lebensdauer. Bei dieser Erbkrankheit liegt das geschädigte Gen nicht auf einem Geschlechtschromosom. Wenn der Schaden nur an einem Chromosom liegt, erkrankt der Träger nicht. Damit die Nachkommen erkranken, müssen beide Eltern Träger des Merkmals sein. Männer erkranken viel häufiger als Frauen. Die Krankheit bricht nicht vor dem 20. Lebensjahr aus, meist zwischen 40 und 60. Bei Frauen erst nach der Menopause, da sie ja vorher durch die Regelblutungen zu Eisenverlusten kommt. Damit sind wir auch schon bei der einzigen sinnvollen Behandlung: Es ist der Aderlass, mit dem Fachausdruck Phlebotomie. Dabei wird dem Patienten anfangs ein bis zwei mal pro Woche etwa 500 ml Blut abgenommen. Später verringern sich die Abnahmeintervalle. Bei jedem Adrelass können etwa 200 mg Eisen entfernt werden. Als Blutspender kommen die Patienten leider nicht in Frage, da ihr Blut nicht den Normwerten entspricht. Eine eisenarme Diät führt nicht zum Erfolg. Allerdings wird geraten sehr eisenreiche Lebensmittel wie Innereien, Austern und Muscheln zu meiden. Bei einer rechtzeitigen Diagnose und Therapie sind Lebensqualität und Lebensdauer nicht eingeschränkt. Findet die nicht statt, kommt es bei etwa 70% zu einem Diabetes und bei vielen zur Leberzirrhose.

Zusammenfassung

Zur Vermeidung von Eisenmangel sollte auf den vermehrten Verzehr von Vitamin C haltigen Obst und Gemüsesorten geachtet werden. Dadurch kann das Eisen aus den Lebensmitteln besser aufgenommen werden. Zusätzliche Einnahme von Eisenpräparaten sollte nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen, da die Grenze zur toxischen Dosis sehr leicht überschritten werden kann.


Ein Artikel von RundumGesund.org